Silberrücken im Workshop – Was ich als Design Thinking Coach gelernt habe

Design Thinking Coach Felix Senner schildert im Design Thinking Newsletter die Erfahrung aus einem Design Thinking Workshop in einem streng hierarchischen, traditionellen Unternehmen und dem Kampf mit einem Silberrücken.

Teil 2 – Hier geht’s zurück zu Teil 1

Tag 1 – die Gruppe des Silberrückens scheitert an der Aufgabenstellung

Hinsichtlich der Hierarchie heterogene Teilnehmergruppen sind eigentlich nichts Ungewöhnliches. In Innovations- oder Strategieworkshops ist es sogar äußerst selten, dass alle Teilnehmer*innen derselben Hierarchieebene entstammen. Doch an diesem Dienstagmorgen merkte ich, dass es diesmal anders werden würde.

Wer es gewohnt ist zu bestimmen und wem es gefällt das Sagen zu haben, kann sich manchmal schwer auf in Design Thinking Workshops geltende flache Hierarchien einstellen. Und so war es auch bei diesem Silberrücken der Fall.

Die Teilnehmer*innen wurden im Rahmen des Workshops nach der Einführung von Design Thinking in drei Teams eingeteilt, die jeweils eine nah an der operativen Praxis ausgerichtete Design Challenge finden und diese mithilfe des Design Thinking Prozesses und mithilfe der Design Thinking Methoden lösen sollten – also eine innovative Idee zur Lösung einer im Unternehmen bestehenden Problemstellung finden sollten.

Meine Co-Moderatorin und ich haben die Teilnehmer*innen natürlich umfassend über die gewünschte Arbeitsweise im Workshop gebrieft und das Design Thinking Mindset anschaulich eingeführt. Gerade die jüngeren Teilnehmer*innen übernahmen dies problemlos und stürzten sich motiviert in die Arbeit. Endlich durften sie ihre eigenen Ideen und Gedanken zur Lösung firmeninterner Herausforderungen einbringen!

Bemitleidenswert sind die Mitglieder der Gruppe, in der der Silberrücken schnell das Zepter an sich reißt. Er macht das nicht mal bewusst. Er ist es gewohnt, dass er in der Zusammenarbeit mit Mitarbeiter*innen das Sagen hat und bestimmt, wohin die Reise geht. Die übrigen Teammitglieder stehen Stumm da, als der Silberrücken den Fall eines Klienten präsentiert.

Doch darum geht es im Workshop eigentlich nicht. Die Teams sollen in diesem Design Thinking Workshop unternehmensinterne Herausforderungen angehen und keine Kundenprobleme lösen.

Erst greife ich ein, dann lasse ich den Dingen ihren Lauf.

Meiner Co-Moderatorin und mir fällt schnell auf, was hier passiert. Ich interveniere durch Moderation und versuche, die Gruppe in den gewünschten und mit der Personalabteilung vereinbarten Design Thinking Prozess zurück zu holen. Ich spreche gezielt die anderen Teammitglieder an, stelle Fragen und schaffe so ein Gleichgewicht im Redeanteil der Gruppe. Dennoch gibt die Gruppe dem Silberrücken nach. Es soll im Workshop der Klienten-Beratungsfall bearbeitet werden.

Mir ist bewusst, dass sich der Klienten-Fall im Workshop nicht lösen lässt. Ich entscheide mich dennoch dazu, die Gruppe laufen zu lassen. Zum Einen sollen Teams bei Design Thinking soweit möglich selbst entscheiden, welche Challenges sie bearbeiten. Zum Anderen vermute ich, dass die Teamarbeit schon am Abend scheitern wird und dass dieses absehbare Scheitern eine große Lernchance birgt.

Vom Scheitern zum Lernerfolg

Am Morgen sollen die Teams einen Zwischenstand ihrer Design Thinking Projekte präsentieren. Am Vorabend ist es wie erwartet zum Scheitern der Gruppenarbeit des Silberrückenteams gekommen. Überraschend ist jedoch, dass der Silberrücken in der Teampräsentation selbst offenbart, woran es gelegen hat. Er hat sein Team auf den falschen Pfad gelenkt und übernimmt dafür die Verantwortung. Das Team hat noch am Abend gemeinsam beschlossen, den nächsten Tag mit einer neuen, diesmal echten, Design Challenge zu beginnen.

Durch die Erfahrung des Scheiterns, konnte das Team auf die bei Design Thinking vorgesehene Arbeitsweise umschalten. Hätte ich das Team am Vortag selbst auf den richtigen Pfad gebracht, hätte ich dem Team und insbesondere dem Silberrücken diese Lernchance verbaut. Die Präsentation der Gruppe gibt mir den willkommenen Anlass, mit einem knackigen Input auf das Design Thinking Prinzip „fail forward“ einzugehen – und damit der Personalabteilung den Ball zu zuspielen.

Fail forward – Positive Fehlerkultur

Bei Design Thinking sollen weitestgehend selbst organisierte Teams Lösungen für Herausforderungen oder Problemstellungen (Design Challenges) finden. Im Design Thinking Prozess stellen sie Thesen auf (z.B. über die Bedürfnisse und Wünsche des Nutzers). Sind diese falsch, ist der Prozess nicht gescheitert. Vielmehr hat das Team neue Einsichten gewonnen.

In unserem Fall kam die Erkenntnis zur Design Thinking Teamkultur selbst. Das Team holte am zweiten Tag gegenüber den anderen Teams auf und stellte zum Workshopende eine tolle Lösung zu einer spannenden Herausforderung vor.

Erfahrungsbasiertes, iteratives Vorgehen birgt häufig größere Lernchancen als induktives Lenken – solange es gelingt, eine positive Fehlerkultur zu etablieren.

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